Kinderarche Sachsen e.V.
Anerkannter Träger
der freien Jugendhilfe
Mitglied im
Diakonischen Werk Sachsen
Geschäftssitz:
Augustusweg 62
01445 Radebeul
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Einer der beliebtesten Spielbereiche der Kinder im Ökumenischen Kinderhaus ist der Sportraum. Sobald dieser am Morgen eröffnet wird, ist er gut gefüllt und wird nur ungern wieder verlassen. Einige Kinder warten früh auch sehnsüchtig darauf, dass der Garten endlich geöffnet wird. Wir erkennen darin den Drang unserer Kinder, sich zu bewegen und ausreichend Platz dafür zu haben. Können Kinder ihr Bedürfnis nach Bewegung ausleben, erlernen sie eine Vielzahl verschiedener Bewegungsformen, können diese durch ständiges Wiederholen verbessern und unterstützen nebenbei ihre intellektuelle Entwicklung.
Uns pädagogischen Fachkräften ist eine natürliche Bewegungsentwicklung der Kinder wichtig, die dem häufigen Bewegungsmangel des heutigen Lebens entgegenwirkt und das Erleben von Bewegungsfreude ermöglicht. Deshalb nehmen wir am bewegungspädagogischen Fortbildungsprojekt ?Wir bewegen Kitas? der Hengstenberg-Pikler Gesellschaft e.V. teil. Im Rahmen des Projektes besuchten drei KollegInnen eine Fortbildungsveranstaltung, und neue Bewegungsmaterialien sowie Fachliteratur konnten angeschafft werden. Zudem hospitierte Frau Schmale von der Hengstenberg-Pikler Gesellschaft einen Nachmittag lang in unserem Kinderhaus und brachte bei einem Elternabend Erkenntnisse der Bewegungspädagogik interessierten Eltern und PädagogInnen aller Radebeuler Kindertagesstätten der Kinderarche Sachen sehr anschaulich nahe.
Elfriede Hengstenberg (1892-1992) war Gymnastiklehrerin in Berlin und erkannte früh, dass isolierte Übungsprogramme zur Verbesserung der körperlichen Haltung wenig Erfolg haben können. Vielmehr sollten Kinder dazu angeregt werden, sich im selbständigen Tun forschend mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Im spielerischen Ausprobieren eigener Ideen erlangen Kinder Selbstvertrauen, Selbstsicherheit und mehr Bewegungsfreiheit. Unterstützt durch einfache Bewegungsmaterialien, wie Kippelhölzer oder Stehleitern etc., können Kinder vielfältige Bewegungsformen ausprobieren und verfeinern. Einfache Regeln bilden dabei den Rahmen: stets barfuß (für besseren Halt und eine gesunde Entwicklung des Fußbettes), sich selbst und den anderen Kindern Zeit lassen (nicht drängeln, schubsen) und nur das tun, was du dir allein zutraust.
Angeregt und bestätigt wurde Elfriede Hengstenberg durch die Forschung Emmi Piklers (1902-1984). Diese war Kinderärztin und Leiterin eines Kinderheims in Budapest. Zeit ihres Lebens erforschte sie die Entwicklung von Kindern und erarbeitete anhand ihrer Forschungsergebnisse und Erfahrungen einen eigenen pädagogischen Ansatz. Emmi Pikler plädierte dafür, dass Kinder in ihrer selbständigen Bewegungsentwicklung (auf dem Rücken liegen, sich drehen, robben, krabbeln, aufsetzen, laufen ?) nicht gestört werden sollten. Vielmehr sei es Aufgabe des Erwachsenen, das Geschehen mit Interesse zu verfolgen sowie für ausreichend Zeit und eine geeignete Umgebung mit anregenden Spielmaterialien zu sorgen, damit das Kind aus seinem eigenen Verhalten und Tun lernen kann. Pikler entwickelte ebenfalls Spiel- und Bewegungsmaterialien, die eine selbständige Bewegungsentwicklung unterstützen.
Einige Spiel- und Bewegungsmaterialien von Emmi Pikler waren bereits vor dem Projekt ?Wir bewegen Kitas? in unserer Einrichtung vorhanden. Gerade in der Kinderstube, dem Bereich, in dem die jüngsten Kinder des Ökumenischen Kinderhauses betreut werden, waren wir immer darauf bedacht, den Kindern vielfältige Bewegungsmöglichkeiten im Raum zu bieten. Einige Pikler-Materialien, wie beispielsweise ein Holzdreieck mit Sprossen oder Biberwürfel, standen den Kindern bereits dauerhaft zur Verfügung. Durch die Teilnahme am Projekt zur Bewegungspädagogik wurden wir noch einmal dafür sensibilisiert, den Raum für die Kinder zwar vorzubereiten, sie dann jedoch selbständig erkunden und spielen zu lassen, ohne von außen lenkend und beschleunigend einzugreifen. Zudem können wir nun zusätzlich die von Elfriede Hengstenberg entwickelten Holzmaterialien anbieten, die von den Kindern begeistert angenommen werden. Es war für uns erstaunlich zu sehen, wie selbstverständlich bereits zweijährige Kinder ihr Gleichgewicht auf einer Kippelscheibe halten können, und wir sind gespannt, was die Kinder noch ausprobieren werden.